Peking, den 16. Juni 2025.
Am 16. Juli 2025 durfte das Chinesisch-Deutsche Institut für Rechtswissenschaft (CDIR) der CUPL in Peking Prof. Masahisa Deguchi von der Ritsumeikan Universität in Kyoto begrüßen. Prof. Deguchi ist seit Jahrzehnten als renommierter Zivilprozessrechtler in Japan in Forschung und Lehre tätig. In seinem akademischen Werdegang hat er sich intensiv mit rechtsvergleichenden, deutschen, europäischen und internationalen Aspekten des Zivilverfahrensrechts beschäftigt . Sein besonderes Forschungsinteresse gilt seit Jahren der Digitalisierung zivilprozessualer Verfahren.
Im Rahmen seines Besuchs hielt Prof. Deguchi am CDIR einen Vortrag zum Thema „Online-Verfahren und Prozessmaximen im Zivilprozess“, der auf Deutsch vorgetragen und vom CDIR-Direktor, Prof. Xie Libin, konsekutiv ins Chinesische übersetzt wurde. Anwesend waren zahlreiche Studierende des Master- und Promotionsprogramms am CDIR sowie der Vize-Direktor des Instituts, Herr Balduin Benesch.

Im Zentrum des Vortrags stand die Frage, wie sich zentrale prozessuale Grundprinzipien wie der Unmittelbarkeitsgrundsatz, der Mündlichkeitsgrundsatz, der Öffentlichkeitsgrundsatz sowie das rechtliche Gehör mit digitalen Verfahrensformen in Einklang bringen lassen – und wie die Digitalisierung diese Prinzipien mitunter sogar neu beleben kann. Prof. Deguchi stellte dabei die schrittweise Einführung digitaler Elemente in das japanische Zivilverfahrensrecht seit der Reform von 1996 dar und erläuterte insbesondere die drei Phasen des e-Court-Konzepts: e-Filing, e-Case-Management und e-Court.
Besonders aufschlussreich war für die Anwesenden der rechtsvergleichende Teil des Vortrags: Prof. Deguchi zeigte auf, wie sich die Entwicklungen in Japan im Vergleich zum deutschen Zivilverfahrensrecht zeitlich und inhaltlich einordnen lassen. Er betonte dabei die erheblichen praktischen Vorteile digitaler Verfahren – etwa Kostenersparnis, niedrigere Zugangshürden für Bürgerinnen und Bürger sowie die prozessuale Effizienz.

Studierende mit Deutschkenntnissen sowie Herr Benesch konnten im Anschluss direkt mit Prof. Deguchi ins Gespräch kommen; für die übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer dolmetschte Prof. Xie. In der anschließenden Diskussionsrunde kamen schnell kritische Überlegungen zur Sprache, insbesondere zur Gefahr eines schleichenden Rückgangs der Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit gerichtlicher Verfahren im digitalen Raum. Prof. Deguchi hielt dem entgegen, dass gerade durch die Digitalisierung vielen Bürgerinnen und Bürgern der Zugang zum Zivilprozess erst wieder möglich gemacht werde – und die Justiz sich so gegen den in beiden Ländern festzustellenden Rückgang an Klageeingängen behaupten könne.
Die anwesenden Master- und Promotionsstudierenden, die sich schwerpunktmäßig mit dem Zivilprozessrecht beschäftigen, konnten aus Vortrag und Diskussion wertvolle Impulse für ihre eigene Forschung gewinnen.